Alles nur noch Pfusch am Bau?
Die Klageflut über Mängel an unseren Gerichten war nie so hoch wie heute – und sie steigt weiter an … und zwar rasant.
Aus meiner über 50jährigen Baustellenerfahrung weiß ich, dass oftmals die Zeit einen sehr negativen Einfluss auf das Baugeschehen und die Ausführungsqualität hat.
Keine Zeit zur rechten Planung, keine Zeit zur ordnungsgemäßen Kalkulation, Zeitdruck in der Projektentwicklung, Eilbedürftigkeit in der Planung und den technischen Berechnungen.
Und dann…ist das Projekt erst einmal gestartet, muss es noch schneller gehen. Termine Termine Termine. Der Einzug muss in Rekordzeit erfolgen. Ich habe schon Bauten schlüsselfertig in sage und schreibe 3 Monaten erstellt (erstellen müssen).
Da baut man ein Gebäude, was die nächsten 80 bis 100 Jahre stehen und funktionieren soll. Warum dann diese hektische-Bauweise? Zeit ist Geld heißt es. Doch hier sollten Bauherren und Bauausführende umdenken. Mit einer komfortablen Bauzeit, kann schlichtweg mehr Qualität erbracht werden…
Daher mein eindringlicher Rat an alle am Bau Beteiligten „nehmt euch wieder mehr Zeit“ und „redet miteinander“.
Nur so kann die erheblich ansteigende Zahl der Baumängel und Bauschäden wieder eingedämmt werden.
Einen weiteren negativen Faktor am Bau und dessen Ausführungsqualität sehe ich persönlich darin, dass es an Facharbeitern mangelt.
Viele Gewerke sind fest in der Hand von Firmen, wo Personal mit handwerklicher Ausbildung oder gar einer 3 jährigen Lehre, nicht mehr zu finden ist. Und hier schließt sich der Kreis des Unheils. Leider ist in etlichen Berufen die Pflicht entfallen, eine Meisterausbildung und Prüfung vorweisen zu müssen. Man kauft sich nen AkkuSchrauber und eine Trockenbaufirma ist entstanden. Solche Firmen können ihre Leistung erheblich „billiger“ anbieten, da Löhne deutlich unter denen von Facharbeitern liegen.
Firmen die ausbilden und ausgebildetes Personal haben, geraten in Bedrängnis und ziehen sich immer mehr zurück. Geschultes Personal und damit garantierte Qualität gibts nicht zum Discounttarif.
Aber der Markt und das Einkaufverhalten am Bau, treiben die Preisspirale weiter nach unten.
Getreu dem Motto „Gut gedacht – schlecht gemacht“ wird über die Hälfte der Schäden durch mangelhafte Ausführung verursacht.
Und? Das Ende vom Lied? Solchen Discountfirmen ist es gar nicht mehr möglich fehlerfrei zu arbeiten. Sie können es nicht an anders, weil sie wissen es nicht besser. Bauschäden sind die logische Konsequenz aus unser aller Einkaufsverhalten.
Zu guter letzt hat sich der Erwartungsanspruch der Kunden extrem nach oben entwickelt. Ich habe schon Gutachten geschrieben, wo drei fast nicht sichtbare Kratzer auf einer Alu- Abdeckung vorhanden waren und man sich trefflich gestritten hat. Die Schere zwischen Erwartung und Leistung klafft immer mehr auseinander. Da ist der Streit vorprogrammiert und mittlerweile kenne ich keine Baustelle mehr, die nicht im Streit oder vor dem Gericht endet.
Auch stelle ich vermehrt fest, dass die Streitkultur in unserem Land rapide angestiegen ist. Anstatt sich an den Tisch zu setzen und sachlich über Baumängel zu reden oder die Verhältnismäßigkeit eines vermeintlichen Mangels objektiv zu bewerten, wird gestritten was die Rechtsschutzversicherung hergibt. Anwälte eingeschaltet, Beweisverfahren angestrengt und Gutachter bestellt. Die rasant ansteigenden Zahlen von Bauschädenverfahren vor unseren Gerichten sprechen eine eindeutige Sprache.
Gestatten Sie mir zum Abschluss zwei Sprüche meiner Großmama:
„… jut Ding will Weil haben.“ und „… Jung watt nix kost, iss och nix.“
Mein Fazit = nicht alles am Bau ist Pfusch.
IHR GUTACHTER
Michael Vieten
Öffentlich bestellt und vereidigt von der Handwerkskammer Düsseldorf
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